24. Februar 2022

Europäische Kommission legt Entwurf für eine Corporate Sustainability Due Diligence Directive vor

Die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Richtlinienentwurf zur Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferkette (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) veröffentlicht (weitere Informationen).

Entsprechend des Europäischen Grünen Deals und im Einklang mit den UN-Zielen für eine nachhaltige Entwicklung sollen mit dieser Richtlinie die Berücksichtigung von Menschenrechten und Umweltbelangen in der Unternehmenstätigkeit und -führung gestärkt werden. Der Richtlinienentwurf soll als Ergänzung bereits bestehender EU-Vorschriften angesehen werden. Soweit andere EU-Vorschriften umfangreichere oder spezifischere Vorschriften enthalten, sind die Vorschriften der EU-Lieferkettenrichtlinie als nachrangig anzusehen.

Entsprechend des Richtlinienentwurfs müssen Unternehmen eine due diligence durchführen. Die Sorgfaltspflichten umfassen die Identifizierung, Beendigung, Vorbeugung, Verringerung, Überwachung und Berichterstattung in Bezug auf negative Auswirkungen für Menschenrechte und Umweltbelange sowie die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens. Diese Betrachtung umfasst neben der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und der einbezogenen Tochterunternehmen auch die Wertschöpfungskette. Zusätzlich müssen bestimmte große Unternehmen nachweisen, dass deren Unternehmensstrategie im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 steht. Der Richtlinienentwurf sieht die verpflichtende Einführung und Überwachung dieser due diligence-Prozesse sowie deren Integration in die Unternehmensstrategie vor. Die Unternehmensführung muss zudem sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltbelange in Unternehmensentscheidungen berücksichtigt werden.

Dieser Richtlinienentwurf soll von großen, haftungsbeschränkten EU-Unternehmen anzuwenden sein. Dazu zählen zum einen EU-Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern (und einem Umsatz von mindestens 150 Mio. Euro; Gruppe 1) und zum anderen EU-Unternehmen aus den sog. high-impact sectors mit mehr als 250 Mitarbeitern (und einem Umsatz von mindestens 40 Mio. Euro, wobei mind. 50% des Umsatzes aus diesen Branchen stammen muss; Gruppe 2). Diese Branchen sind im Richtlinienentwurf definiert und umfassen u.a. die Textilbranche, Landwirtschaftsunternehmen oder Unternehmen, die Bodenschätze abbauen. Zusätzlich fallen bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten in den Anwendungsbereich. Insgesamt sind ca. 12.800 EU-Unternehmen sowie ca. 4.000 Unternehmen aus Drittstaaten mit Umsätzen in der EU betroffen. Für kleine und mittelgroße Unternehmen gelten die Vorschläge grundsätzlich nicht. Für diese Unternehmen könnten die Vorschriften jedoch indirekt aufgrund der Zusammenarbeit mit Unternehmen im Anwendungsbereich der EU-Lieferkettenrichtlinie relevant werden. Für deutsche Unternehmen mit mehr als 3.000 bzw. mehr als 1.000 Mitarbeiter wird ab 2023 bzw. 2024 das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vom 16. Juli 2021 zur Anwendung kommen. Durch den Richtlinienentwurf ist somit von einer Ausweitung des Anwendungsbereichs für deutsche Unternehmen auszugehen.

Unternehmen, die nicht nach der Bilanzrichtlinie (insb. nach Vorgaben der zukünftigen Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) berichten, sollen auf ihrer Unternehmensinternetseite über ihre Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferkette berichten. Die Europäische Kommission soll zum Erlass delegierter Rechtsakte zur Berichterstattung ermächtigt werden.

Präsident WP/StB Georg Lanfermann kommentiert: „Der Richtlinienentwurf berührt auch die Arbeit des Fachausschusses Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC. Auch wenn die Berichtspflicht über due diligence-Prozesse für viele Unternehmen an die Bilanzrichtlinie anknüpfen wird, ist zu erwarten, dass die hier vorgeschlagenen Vorgaben zur Implementierung der Sorgfaltspflichten durch die Unternehmen sich auch auf die derzeit in der Erarbeitung befindlichen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) auswirken werden. Hier liegt eine enge Verzahnung zwischen diesem Richtlinienentwurf und den im April 2021 vorgeschlagenen Berichtspflichten der CSRD vor.“