BMF Mindeststeuergesetz
Aktueller Stand
Die Bundesregierung hat am 16. August 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen (Mindeststeuergesetz – MinStG) veröffentlicht.
Der Diskussionsentwurf wurde durch das BMF im März 2023, der Referentenentwurf im Juli 2023 veröffentlicht.
Die Gesetzgebung soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein.
Zielsetzung
Der Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (Mindestbesteuerungsrichtlinie – MinBestRL). Diese wurde am 22. Dezember 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union (Abl. L 328/1 vom 22.12.2022) veröffentlicht und ist von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2023 umzusetzen. Sie ist für Geschäftsjahre, die ab dem 31. Dezember 2023 beginnen, anzuwenden. Ziel des Gesetzesentwurfs ist die Umsetzung zentraler Elemente der internationalen Vereinbarungen zur Säule 2 der sog. Zwei-Säulen-Lösung. Die darin enthaltenen Nachversteuerungsregelungen sollen eine globale effektive Mindestbesteuerung sicherstellen, schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegenwirken und damit zur Förderung der Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit beitragen.
Inhalt
Von der Mindeststeuer sind große Unternehmensgruppen betroffen, welche die Umsatzgrenze von 750 Mio. Euro Umsatzerlöse in mindestens zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahre erreichen. Erfasst werden sowohl international als auch national tätige Unternehmensgruppen. Für die Unternehmensgruppen mit untergeordneter internationaler Tätigkeit ist allerdings eine 5-jährige Steuerbefreiung vorgesehen.
Die Steuerpflicht der im Inland belegenen Geschäftseinheiten ist unabhängig von der jeweiligen Rechtsform und tritt zur Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerpflicht hinzu. Die Mindeststeuer setzt sich aus dem Primärergänzungssteuerbetrag, dem Sekundärergänzungssteuerbetrag sowie dem nationalen Ergänzungssteuerbetrag zusammen. Der Primärergänzungssteuerbetrag und der Sekundärergänzungssteuerbetrag entsprechen dem einer steuerpflichtigen Geschäftseinheit zuzurechnenden Anteil am Steuererhöhungsbetrag einer niedrig besteuerten Geschäftseinheit. Der nationale Ergänzungssteuerbetrag entspricht dem für die Bundesrepublik Deutschland ermittelten der Geschäftseinheit zugeordneten Steuererhöhungsbetrag. Insofern unterliegen die großen Unternehmensgruppen mit ihren inländischen und ausländischen Gewinnen gleichermaßen der Mindestbesteuerung.
Die Berechnung der Mindeststeuer nach dem Entwurf entspricht dem international vereinbarten Betrag (länderbezogene Berechnung des Steuererhöhungsbetrags unter Zugrundelegung eines Mindeststeuersatzes von 15 Prozent) und erfolgt auf Basis der handelsrechtlichen Rechnungslegung (in der Regel Rechnungslegungsstandard der obersten Muttergesellschaft) unter Berücksichtigung bestimmter erforderlicher Anpassungen.
Der Entwurf enthält auch die international abgestimmten Vereinfachungen: der CbCR-Safe-Harbour sowie Vereinfachungen für unwesentliche Geschäftseinheiten. Darüber hinaus ist eine Safe-Harbour-Regelung bei anerkannter nationaler Ergänzungssteuer enthalten, welche sich nicht nur auf EU-Mitgliedstaaten beschränkt, sondern auch für Drittstaaten gilt.
Zentraler Akteur im nationalen Besteuerungsverfahren ist die Mindeststeuergruppe. Hierdurch wird das Besteuerungsverfahren beim Finanzamt des Gruppenträgers gebündelt. Für die Mindeststeuer ist eine Steuererklärung beim zuständigen Finanzamt abzugeben und die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Einführung der Mindeststeuergruppe führt zu einer Zentralisierung des nationalen Besteuerungsverfahrens. Sofern im Inland belegen, erfolgt dies auf Ebene der obersten Muttergesellschaft, so dass neben dem Mindeststeuer-Bericht nur eine Steuererklärung bei einem Finanzamt abzugeben ist. Diese national vorgenommene Ergänzung sorgt für eine Vereinfachung des Verfahrens für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung. Darüber hinaus ist ein Mindeststeuer-Bericht beim Bundeszentralamt für Steuern einzureichen. Dieses ist für den Austausch dieser Berichte mit den betroffenen Finanzämtern (i. d. R. Finanzamt des Gruppenträgers) und den Finanzverwaltungen anderer Staaten zuständig. Sofern nicht gesondert geregelt, gelten für das Besteuerungsverfahren die Vorschriften der Abgabenordnung (z. B. Festsetzungsverjährung und Bestandskraft). Dies betrifft
vorwiegend die Festsetzung der Mindeststeuer und die Änderung dieser Steuerfestsetzung.
Der Gesetzesentwurf sieht zudem Änderungen am Handelsbilanzrecht vor. Vorgeschlagen wird eine verpflichtende Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern im Jahres- und Konzernabschluss, die sich aus der Anwendung des Mindeststeuergesetzes oder entsprechender ausländischer Mindeststeuergesetze ergeben (§§ 274 Abs. 1 Satz 5 und 306 Satz 5 HGB-E). Diese Ausnahme ist den entsprechenden IFRS-Neuregelungen in IAS 12.4A nachgebildet. Darüber hinaus sind zusätzliche Angabepflichten bereits für zum 31.12.2023 endende Geschäftsjahre vorgesehen (§§ 285 Nr. 30a und 314 Abs.1 Nr. 22a HGB-E).
Befassung durch das DRSC
DRSC-Stellungnahme zum Diskussionsentwurf
Das DRSC hat am 21. April 2023 seine Stellungnahme zum Diskussionsentwurf an das BMF übermittelt. Die Stellungnahme wurde durch die DRSC-Arbeitsgruppe „Steuern“ vorbereitet und durch den FA FB am 17. April 2023 verabschiedet.
Da das Steuerrecht nicht zum Aufgabenbereich des DRSC gehört, konzentrieren sich die Kommentare in der Stellungnahme auf rechnungslegungsrelevante Fragestellungen sowie Querschnittsthemen zwischen der Rechnungslegung und dem Steuerrecht. Die Stellungnahme fokussiert sich auf die folgenden rechnungslegungsbezogenen Themenfelder:
- Auswirkungen auf die Bilanzierung nach HGB: Es wird angeregt, eine (ggf. vorübergehende) verpflichtende Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern im Zusammenhang mit der Anwendung des MinStG gesetzlich zu kodifizieren, sofern die deutschen handelsrechtlichen Vorschriften keinen Raum für eine solche Ausnahme für die HGB-Bilanzierer bieten.
- Datengrundlage als Startpunkt für die Berechnung des Mindeststeuer-Gewinns oder Mindeststeuer-Verlusts: Einen der wesentlichen Punkte in der Stellungnahme stellt das Verständnis von Handelsbilanz II dar, die nach dem Disk-E als Startpunkt für die Berechnung des Mindeststeuer-Gewinns oder Mindeststeuer-Verlusts gelten soll. Zum einen wird angemerkt, dass die Handelsbilanz II (sog. Reporting-Packages) bislang eine rein organisatorische Maßnahme für Zwecke der Erstellung eines Konzernabschlusses darstellt und im Gegensatz zu einem Jahresabschluss keine rechtliche Wirkung entfaltet. Zum anderen wird in der Stellungnahme darauf hingewiesen, dass Unternehmen diverse Anpassungen ihrer für Konzernbilanzierungszwecke erstellten Reporting-Packages vornehmen müssen, um die Definition der HB II gem. § 7 Abs. 10 Disk-E zu erfüllen, was mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein wird. Im Ergebnis wird angeregt, die Definition von „Handelsbilanz II“ in § 7 Abs. 10 Disk-E anzupassen bzw. klarzustellen. Darüber hinaus werden in der Stellungnahme Fragen zur Wesentlichkeitsbeurteilung (Konzernebene vs. Jahresabschlussebene), zum Vorgehen bei Bekanntwerden von wertaufhellenden Informationen zu einem Zeitpunkt nach Veröffentlichung des Konzernabschlusses sowie zur Datenbeschaffung adressiert.
- Anpassungen der erfassten Steuern: Es werden einige Änderungen bzw. Klarstellungen zu den Vorschriften im Disk-E hinsichtlich der Anpassungen latenter Steuern vorgeschlagen.
DRSC-Stellungnahme zum Referentenentwurf
Am 19. Juli 2023 hat das DRSC seine Stellungnahme zum Referentenentwurf an das BMF übermittelt. Darin weist das DRSC auf einige Aspekte des Referentenentwurfs hin, die bereits in der DRSC-Stellungnahme zum Diskussionsentwurf angesprochen wurden, jedoch nicht vollumfänglich im Referentenentwurf berücksichtigt worden sind. Insbesondere wird erneut angeregt, eine (ggf. vorübergehende) verpflichtende Ausnahme von der Bilanzierung latenter Steuern im Zusammenhang mit der Gesetzgebung der OECD BEPS Säule-2-Regeln gesetzlich zu kodifizieren, sofern die deutschen handelsrechtlichen Vorschriften keinen Raum für eine solche Ausnahme für die HGB-Bilanzierer bieten.
DRSC-Arbeitsgruppe „Steuern“
Der Gemeinsame Fachausschuss hat in seiner 31. Sitzung am 12. Dezember 2022 beschlossen, eine integrierte Arbeitsgruppe „Steuern“ (AG Steuern) einzurichten. Die AG Steuern befasst sich intensiv sowohl mit den Fragen der Implementierung der OECD-Modellregeln als auch mit den Fragen der Auswirkungen auf die Rechnungslegung. Ferner sollen perspektivisch auch die Themen im Zusammenhang mit Steuertransparenz durch die AG behandelt werden.
Der Fachausschuss Finanzberichterstattung und die AG Steuern werden sich mit den rechnungslegungsrelevanten Fragen des Gesetzesentwurfs befassen und die Auswirkungen auf die Bilanzierung nach HGB und DRS 18 Latente Steuern untersuchen.