IASB Rate regulated Activities (Comprehensive Project)
Aktueller Stand
Der IASB hat am 28. Januar 2021 den Standardentwurf 2021/1 Regulatorische Vermögenswerte und regulatorische Schulden veröffentlicht, der Unternehmen, die einer Preisregulierung unterliegen, dazu verpflichten sollte, Investoren bessere Informationen über ihre finanzielle Leistungsfähigkeit zu geben.
Der Entwurf konnte bis 30. Juli 2021 kommentiert werden.
Hintergrund und Zielsetzung
Der IASB veröffentlichte im Juli 2009 den Standardentwurf ED/2009/8 Rate-regulated Activities (Preisregulierte Geschäftsvorfälle) zur Bilanzierung preisregulierter Geschäftsvorfälle. Bereits zuvor hatte sich das IFRIC/IFRSIC im Rahmen des Projekts zu Dienstleistungskonzessionen mit der Thematik beschäftigt, jedoch dann an den IASB weitergereicht, da es nicht seine Agendakriterien erfüllte. Diskutiert wurde in diesem Kontext die Frage, ob und inwieweit regulatorische Vermögenswerte und Schulden die Definitionen im Rahmenkonzept erfüllen.
Diese Diskussion setzte sich auch in den Kommentierungen zum ED/2009/8 fort. Strittig blieb insbesondere die konzeptionelle Begründung mit Blick auf die abweichende Behandlung nach US-GAAP. Auch befasste sich der Entwurf nur mit einer bestimmten Art von Preisregulierung (cost-of-service scheme). Dies schien verschiedenen Kommentatoren des Entwurfs zu eng.
In seiner Sitzung im September 2010 beschloss der IASB letztlich, das Projekt zu verschieben, da eine zeitnahe Lösung sich als nicht erreichbar erschien. Als Ergebnis der Agendakonsultation 2011 reaktivierte der IASB in seiner Sitzung im September 2012 das Projekt und beschloss dann im Dezember 2012, das Projekt in zwei Schritten weiter voranzutreiben:
- Entwicklung eines Zwischenstandards, insbesondere für IFRS Erstanwender (IFRS 14 Regulatorische Abgrenzungsposten wurde im Januar 2014 herausgegeben und gilt für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2016 beginnen); und
- Entwicklung eines finalen Standards im Rahmen eines umfassenden Projekts.
Request for Information
Als ersten Schritt veröffentlichte der IASB am 28. März 2013 einen Aufruf, Preisregulierungssysteme zu identifizieren, um so den Gegenstand des Projektes zu bestimmen (RfI – Request for Information Rate Regulation). Nach der Vorstellung der Ergebnisse der RfI im Juli 2013 wurde entschieden, zunächst mit Unterstützung der Rate-regulated Activities Consultative Group Abgrenzungsmerkmale zu identifizieren, welche preisregulierte Geschäftsvorfälle von anderen Geschäftsvorfällen unterscheiden und die den größten Einfluss auf die Höhe, Zeitpunkt und Sicherheit der regulatorischen Zahlungsströme haben.
Discussion Paper
Der IASB veröffentlichte als Ergebnis seiner weiteren Überlegungen am 17. September 2014 das Diskussionspapier DP/2014/2. Das DP fokussiert auf Preisregulierungen, welche auf einer Mischung aus kosten- und anreizbasierten Elementen beruhen. Wettbewerbsorientierte Modelle finden zunächst keine explizite Berücksichtigung. Zudem soll das Diskussionspapier seinen Anwendungsbereich weiter fokussieren, indem eine sog. „definierte Preisregulierung“ als Basis für die dortige Diskussion verwendet wird.
Das DP stellt zur Diskussion, ob die maßgeblichen Abgrenzungsmerkmale, die für definierte Preisregulierung identifiziert wurden, ausreichend sind, um alle Preisregulierungen mit wesentlichen finanziellen Auswirkungen zu ermitteln. Das DP schlägt keine konkreten Bilanzierungsvorschriften vor. Vielmehr hinterfragt es, welche Informationen über preisregulierte Geschäftsvorfälle nützlich für Adressaten der Finanzberichterstattung sind. Hierzu werden verschiedene Bilanzierungsgrundsätze (mit ihren Vor- und Nachteilen) vorgestellt, welche der IASB berücksichtigen könnte, um über die zukünftige Berichterstattung über die finanziellen Auswirkungen von Preisregulierung zu entscheiden.
Das DP hinterfragt zudem, inwiefern die Darstellungs- und Angabeerfordernisse aus IFRS 14 zu regulatorischen Abgrenzungsposten die Grundlage für zukünftige Vorschläge bilden sollten, welche der IASB auf Basis dieser Konsultation entwickelt.
Entwicklungen nach Veröffentlichung von DP/2014/2
Seit der Veröffentlichung des DP wurde das Projekt auf mehreren IASB und ASAF Sitzungen erörtert:
- In seiner Sitzung im Februar 2015 erörterte der IASB eine vorläufige Analyse der Kommentierungen des DP.
- In seiner Sitzung im Mai 2015 erhielt der IASB von seinem Mitarbeiterstab ein Update hinsichtlich des Projektstatus und der weiteren Schritte.
- In seiner Sitzung im Juli 2015 ging der IASB anhand von Beispielen insbesondere der Frage nach, wie Differenzen zwischen den abgerechneten Entgelten („billed revenue“) und der Erlösgrenze („revenue requirement“) in der Preisregulierung behandelt werden.
- In seiner Sitzung im April 2016 erörterte der IASB Rückmeldungen zum Agenda Consultative Request for Views (RFV) im Zusammenhang mit dem aktuellen Stand des RRA-Projekts.
- In seiner Sitzung im Dezember 2016 wurde der IASB von seinem Mitarbeiterstab erneut über den aktuellen Projektfortschritt hinsichtlich eines Bilanzierungsmodells für RRA informiert. Entscheidungen wurden weiterhin nicht getroffen.
Standardentwurf 2021/1
Am 28. Januar 2021 wurde nun der Standardentwurf 2021/1 Regulatorische Vermögenswerte und regulatorische Schulden veröffentlicht.
Die Preisregulierung bestimmt den Betrag, den ein Unternehmen seinen Kunden für gelieferte Güter oder Dienstleistungen in Rechnung stellen darf, und den Zeitraum, in dem es diesen Betrag an den Kunden berechnen darf. In einigen Fällen unterscheidet sich die Periode, in der ein Unternehmen Güter liefert oder Dienstleistungen erbringt, von der Periode, in der es den Kunden diese Güter oder Dienstleistungen in Rechnung stellen darf – und damit von der Periode der Umsatzrealisierung in der Gewinn- und Verlustrechnung.
Wenn diese zeitlichen Unterschiede auftreten, geben die Umsatzerlöse in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Vermögenswerte und Schulden in der Bilanz kein vollständiges Bild des Betrags wieder, den das Unternehmen aufgrund der Preisregulierung für die gelieferten Güter oder erbrachten Dienstleistungen in Rechnung stellen darf. Derzeit gibt es in den IFRS keine spezifischen Regelungen für die Bilanzierung von preisregulierten Geschäftsvorfällen. Die Unternehmen wenden somit unterschiedliche Bilanzierungsmodelle an.
Der vorgeschlagene Standard würde die Unternehmen, die der Preisregulierung unterliegen, verpflichten, regulatorische Vermögenswerte und Schulden in ihrer Bilanz und entsprechende regulatorische Erträge und Aufwendungen in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen.
Die Bewertung regulatorischer Vermögenswerte und Schulden würde zu historischen Anschaffungskosten erfolgen, angepasst an die aktualisierten Schätzungen der künftigen Cashflows, die aus diesen Vermögenswerten und Schulden resultieren werden.
Der neue Standard würde IFRS 14 Regulatorische Abgrenzungsposten ersetzen.
Befassung durch das DRSC
Das DRSC hat am 23. Juli 2021 seine Stellungnahmen zum ED/2021/1 an den IASB übermittelt. Die Stellungnahme wurde durch die DRSC-Arbeitsgruppe „Preisregulierte Geschäfte“ vorbereitet und durch den IFRS-FA verabschiedet.
Darin begrüßt das DRSC die Zielsetzung des ED sowie die Bemühungen des IASB, die Grundsätze für den Ansatz, die Bewertung, den Ausweis und die Angaben von regulatorischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sowie von regulatorischen Erträgen und Aufwendungen festzulegen. Ferner werden die vorgeschlagenen Ansatz- und Bewertungsgrundsätze grundsätzlich unterstützt.
Allerdings beurteilt das DRSC die in Paragraf B15 vorgeschlagene Regelung als kritisch. Danach soll die regulatorische Rendite kein Bestandteil der zulässigen Gesamtvergütung bilden, sofern diese Rendite auf einen noch nicht zur Nutzung verfügbaren Vermögenswert entfällt. Ferner äußert das DRSC in der Stellungnahme Bedenken zu den Vorschlägen in den Paragrafen B3-B9, die zulässigen Aufwendungen nach den Vorschriften des IFRS, nicht nach dem regulatorischen Rahmen, zu ermitteln.
Der Analyse des IASB zu den wahrscheinlichen Auswirkungen der Umsetzung der Vorschläge auf die Qualität der Finanzberichterstattung und zu den wahrscheinlichen Kosten der Umsetzung der Vorschläge stimmt das DRSC nur teilweise zu. Konkret erwarten wir, dass Informationen, die unter Anwendung der Paragrafen B3-B9 und insbesondere des Paragrafen B15 bereitgestellt werden, den Abschlussadressaten kein vollständiges und klares Bild über regulatorische Erträge und Aufwendungen sowie regulatorische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten vermitteln würden. Folglich erwartet das DRSC kein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis aus der Umsetzung der derzeitigen Vorschläge. Wir sind jedoch der Meinung, dass dieses Verhältnis durch die folgenden Änderungen am künftigen Standard deutlich verbessert werden könnte:
- Streichung des Paragrafen B15 (aus unserer Sicht die wichtigste Änderung),
- Ermittlung der Komponenten der zulässigen Gesamtvergütung unter Anwendung der regulatorischen Vorschriften und nicht der IFRS-Standards,
- Klarstellung, dass ein Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen auf Basis der regulatorischen Vereinbarung identifiziert und dass eine Leistungsverpflichtung nicht notwendigerweise die Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen an Kunden bedeutet.
Der FA FB erörtert die Entscheidungen des IASB zum Projekt Rate Regulated Activities regelmßig im Rahmen der Vorbereitungen auf die ASAF-Sitzungen.